Kammerbruch am Großen Seeberg

Der Geopark verfügt mit dem “Kammerbruch” über den besten Aufschluss der Trias/Jura-Grenze außerhalb Süddeutschlands. Die an Störungszonen gebundenen thüringischen Reliktvorkommen von Oberer Trias (Rhät) und Unterem Jura (Lias) spielen eine wichtige Rolle als paläogeographisches „Bindeglied“ zwischen den Süd- und Norddeutschen Vorkommen.

Im Kammerbruch aufgeschlossen sind hellgelbe, bis zu 4 m mächtige Feinsandstein-Bänke, die seit dem 12. Jahrhundert als hochwertiges Baumaterial gewonnen werden. Diese feinen, in einem Flussdelta einstandenen Sandsteine gehen in feinkörnigere Schichten über und werden schließlich von marinen Tonsteinen des Unteren Jura überlagert.

In der aufgeschlossenen Abfolge des Rät verzahnen sich die Ablagerungen eines Flusses mit brackischen, aber nie voll marinen Sedimenten. Es lassen sich eine große Vielfalt von Sedimentmarken beobachten. Selten sind auf den Schichtflächen Trockenrisse zu beobachten. Häufig sind Rippelmarken, die auf sehr flaches Wasser hinweisen, und Kolkmarken. Das marine Leitfossil des Mittelrät, die Muschel Rhaetavicula contorta, fehlt am Seeberg. Ihre südöstliche Verbreitungsgrenze ist das Eisenacher Gebiet ca. 30 km nrodwestlich des Seeberges.

Der Seeberger Sandstein wurde in vielen bedeutenden Bauwerken eingesetzt, darunter beim Bau der 63 m hohen St. Viti-Kirche in Günthersleben-Wechmar 1843, beim Erfurter Dom und der benachbarten Kirche St. Severi, dem Herzoglichen Museum in Gotha oder im Gebäude des ehemaligen Auswärtigen Amtes in der Wilhelmstraße in Berlin.

Der um 1960 zunächst stillgelegte Steinbruch wurde, dem Vorschlag von O. Wagenbreth (1970) folgend, 1981 als geologisches Naturdenkmal (ND) unter Schutz gestellt. Das Naturdenkmal liegt eingebettet im Naturschutzgebiet Seeberg. Dieser Schutzstatus bleibt trotz der Wiederaufnahme des Abbaus in den 1990er Jahren bestehen und der Erhalt der Aufschlüsse des  Trias/Jura-Schichtprofils ist nach wie vor das wichtigste Schutzziel. Der aktuelle Gesteinsabbau erfolgt nur bedarfsweise und speziell für den Einsatz in der Baudenkmalpflege. Die geologische Dokumentationsfunktion des Aufschlusses hat sich durch den Abbau erheblich verbessert.

Als Typuslokalität einer von Zentralpolen bis Dänemark verbreiteten Schichtenfolge und einer der wichtigsten Aufschlüsse der Trias/Jura-Grenze im zentraleuropäischen Keuperbecken besitzt das Naturdenkmal Kammerbruch eine europäische Bedeutung.

Die Trias/Jura-Grenze steht mit einem wenig bekannten globalen Aussterbe-Ereignis in Verbindung, bei dem etwa die Hälfte aller Gattungen ausstarben. Es ist das fünftgrößte Massensterben der Erdgeschichte, in dessen Folge z.B. die Conodonten ausstarben und die Ammoniten beinahe ausgestorben wären. Auch an Land gab es einen gravierenden Faunenschnitt. So starben, mit Ausnahme der Krokodile, alle großen Crurotarsi, eine Gruppe von Archosauriern, aus. Durch die Dezimierung der Archosauria wurden viele ökologische Nischen frei, die im Jura vorwiegend von den Dinosauriern eingenommen wurden, welche dann zu einer beherrschenden Stellung auf dem Festland aufrückten.

Der Kammerbruch ist Bestandteil der GeoRoute 5 „Seebergroute“  und mit einer Erläuterungstafel ausgestattet. Am GeoInfopunkt Günthersleben ist der historische Steinbruchbetrieb am Seeberg dargestellt. Außerdem wird die Rolle des Seeberger Sandsteins als bedeutender Bausandstein thematisiert.